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Positionspapier zur Zukunft des Planens und Bauens

29. Mai 2020

Der BDA Bayern sieht die Entwicklung zukunftsfähiger, nachhaltiger und lebenswerter Städte, Dörfer und Landschaften als wesentliche Herausforderung unserer Gesellschaft.
Voraussetzung hierfür sind qualitätsvolle und wohldurchdachte Prozesse in Konzeption, Planung, Entwurf und Umsetzung. Eine qualitativ hochwertige Architektur stellt stets einen gesellschaftlichen und auch wirtschaftlichen Mehrwert dar und ist im besten Sinne über Jahrzehnte nachhaltig. Sie erzeugt Identität und Lebensqualität und trägt zu einer gebauten Umwelt bei, die als lebenswert empfunden wird.

Das Bewusstsein für bauliche Qualität muss daher – zum Wohle der Gemeinschaft und im Kontext des Klimawandels – von Verbänden und Politik noch aktiver gefördert werden. Um die notwendigen Voraussetzungen für deren Umsetzung zu schaffen, bedarf es zudem geeigneter Rahmenbedingungen für den Berufsstand. Die Unabhängigkeit der Planung ist dafür unabdingbar, ebenso wie eine auskömmliche Honorierung und eine starke Rolle des Architekten im gesamten Planungs- und Bauablauf.

Veränderungsprozesse beim Planen und Bauen werden durch den BDA und seine Mitglieder von jeher aktiv begleitet, weiterentwickelt und in den jeweiligen Bürostrukturen erfolgreich umgesetzt. Oberstes Ziel jeder Bauaufgabe bleibt dabei die Umsetzung architektonisch hoher Wertmaßstäbe.

Prof. Lydia Haack
Landesvositzende

Positionen des BDA Bayern:

I. Unabhängigkeit der Planung
Die Trennung von Planung und Ausführung hat zum Ziel, dass Planung und Vergabe von Bauleistungen unabhängig von den Lieferinteressen von Bauproduktherstellern oder am Bau agierender Unternehmen stattfinden – ausschließlich zum Vorteil des Auftraggebers und Bauherrn.
Der Architekt muss dabei als Garant für die bauliche Qualität seine Rolle verantwortungsvoll übernehmen und deshalb ebenfalls von Dritten unabhängig arbeiten können. Seine von Lieferinteressen unabhängigen Planungen und Leistungsverzeichnisse ermöglichen die neutrale Vergleichbarkeit von Angeboten. Architekten sind so ein unverzichtbarer Bestandteil des Vergabewesens und sichern die unabhängige Vergabe von Bauleistungen. Dies schließt keinesfalls Kooperationen aus. Ein eng verzahnter Planungsablauf ist angesichts des komplex gewordenen Planungs- und Bauprozesses Voraussetzung, um mit innovativen Baumethoden einen Mehrwert zu schaffen. Entscheidend hierbei ist die Transparenz der Prozesse, die frühzeitige Definition der übergeordneten Ziele in Hinsicht auf baukulturelle und bauliche Qualität und die Wahrung der planerischen Unabhängigkeit zur Erreichung dieser Ziele.

Dem entgegen läuft die zunehmende Tendenz seitens der öffentlichen Auftraggeber, Planungs- und Bauleistungen zu bündeln, in der Annahme, auf diese Weise zeitliche und finanzielle Risiken zu minimieren. Kritisch zu bewerten sind insbesondere Vergaben an Generalübernehmer/Totalübernehmer, bei denen die Trennung von Planung und Bauen vollständig aufgehoben wird. Die Bauindustrie integriert die Planungsleistung in ihre Wertschöpfungskette, der Architekt wird als Subunternehmer zum weisungsgebundenen Dienstleister des Ausführenden, nicht mehr des Bauherren. Somit verliert er die Position des unabhängigen Beraters, der mit seinem Handeln und Werk sowohl dem Bauherrn als auch der Gesellschaft gegenüber Verantwortung trägt.
Interessenskonflikte zwischen ökonomischen und qualitativen Zielsetzungen auf Auftragnehmer-seite sind daher absehbar und gehen meist zu Lasten der Qualität der Architektur. Die hohe Innovationsfähigkeit, die die deutsche Baubranche bisher aufweist, wird durch die Koppelung an produktionsbedingte Interessen gefährdet.

GÜ/TÜ-Vergaben haben zudem zur Folge, dass vielen kleinen und mittleren, oft regional ansässigen Handwerksbetrieben, der direkte Zugang zu öffentlichen Aufträgen verwehrt ist. Kommen diese Verfahren regelmäßig zum Einsatz, wird dies zu einem massiven Einbruch bei mittelständischen Handwerksbetrieben und Planungsbüros – den heutigen Leistungsträgern der Kommunen und Regionen in Bayern – führen. Auch aus diesem Grund lehnt der BDA Bayern diese Vergabestrategie ab.

II. Öffentliche Hand
Ein enges und partnerschaftliches Zusammenspiel zwischen kompetenten Auftraggebern und Architekten ist eine wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Ablauf gerade von größeren Projekten. Deshalb müssen die staatlichen und vor allem die kommunalen Bauverwaltungen durch personellen und finanziellen Ausbau in die Lage versetzt werden, die Vielzahl von anstehenden Bauaufgaben auch in Zukunft noch bewältigen zu können. Dann könnte auch die bewährte und der baulichen Qualität förderliche Einzelvergabe der einzelnen Planungsleistungen mit dem Architekten als Koordinator der Planung beibehalten und somit der wirtschaftliche Nachteil bei der Beauftragung von Generalplanern oder Generalübernehmern vermieden werden.

III. Honorierung
Nur mit auskömmlichen Honoraren kann eine fachgerechte, der Bauaufgabe entsprechende individuelle Planung und somit qualitativ hochwertige Architektur entstehen. Auskömmliche Honorare sichern den Erhalt von Büros mit qualifizierten Mitarbeitern. Der Mindestsatz gemäß HOAI ist hierfür schon längst nicht mehr ausreichend: Eine grundsätzliche Orientierung am Mittelsatz muss als Standard eingeführt werden. Ein angemessenes wirtschaftliches Auskommen wird den Beruf, auch für die jüngeren Generationen, noch attraktiv halten und so auch dezentralen und lokalen Bürostrukturen in der Region das Überleben sichern. Noch sorgt eine Vielzahl von unabhängigen kleinen und mittleren Büros für einen erheblichen Wettbewerbsdruck in Bayern. Diese kleinteilige Struktur ermöglicht vielen Menschen und Unternehmen eine Beteiligung am Wirtschaftsprozess und ist damit Ausdruck ökonomischer Demokratie. Durch den Wegfall einer angemessenen Honorierung wird sich die Zahl der Wettbewerber sukzessive reduzieren und somit werden langfristig die Preise für Bauleistungen für den Verbraucher steigen. Von dieser Entwicklung werden insbesondere die verbliebenen Konzerne/Großbüros profitieren.

IV. Haftung
Die gesamtschuldnerische Haftung führt Architekten in eine juristisches Zwangsgemeinschaft mit den weiteren Planern und ausführenden Firmen, auf deren Auswahl sie meist keinen Einfluss haben. Diese Art des unfreiwilligen Vertragsverhältnisses gibt es in kaum einer anderen Branche, sie diskriminiert Architekturbüros und deren Versicherer gegenüber Wettbewerbern wie Generalunternehmern stark. Inzwischen wird die gesamtschuldnerische Haftung zunehmend als existenzbedrohend empfunden. Außerdem fördert sie juristische Entscheidungen zu Ungunsten der verpflichtend versicherten Architekturbüros und erhöht die Bereitschaft zu juristischen Auseinandersetzungen. Dieses Risiko sollte mittels einer über den Auftraggeber abgeschlossenen Bauleistungsversicherung minimiert werden.

28.05.2020

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